Viele Autos der ambulanten Pflegedienste zeigten in diesen Tagen in Mönchengladbach Flagge: Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in NRW fordert "Hilfe! Mehr Zeit für Pflege!"
Die landesweiten Träger informierten mit Aktionen und Initiativen die Öffentlichkeit über die mangelnde Unterstützung für die ambulante Pflege, die zu Lasten der betreuten Patienten geht.
Der Mönchengladbacher Landtagsabgeordnete Hans-Willi Körfges unterstützt diesen Protest: „Auch wenn ich am Freitag aufgrund der Anwesenheitspflicht bei der Plenarsitzung im Düsseldorfer Landtag nicht persönlich an der Diskussion teilnehmen konnte, steht für mich eins fest: Dass Pflegekräfte unter den heutigen Rahmenbedingungen, die eine menschenunwürdige Minutenpflege vorgeben, ihre Pflegebedürftigen trotzdem so gut und mit menschlicher Zuwendung versorgen, können wir gar nicht hoch genug wertschätzen.“
Aufgrund von hohem Kostendruck, Bürokratieerfordernissen und auch des bereits spürbaren Fachkräftemangels werde aber eine solche Motivation auf Dauer nur sicherzustellen sein, wenn sich die Rahmenbedingungen spürbar verbesserten. Dazu gehöre auch ein verbesserter Gesundheitsschutz, der die besonderen Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker berücksichtige.
In einer aktuellen Pressemitteilung hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter zum Thema Pflege mitgeteilt:
Mit Sorge betrachtet die Pflegeministerin Barbara Steffens die in den vergangenen Wochen öffentlich gewordenen Differenzen zwischen der freien Wohlfahrtspflege und den Pflegekassen um eine leistungsgerechte Bezahlung der ambulanten Pflegeleistungen. „Die ambulante Pflege braucht auch in Nordrhein-Westfalen bessere Rahmenbedingungen. Diese müssen aber vor allem von der Bundesebene durch eine Reform der Pflegeversicherung gestaltet werden. Ohne eine wirkliche Strukturreform mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und eine bessere Finanzierung der ambulanten Versorgung werden wir das Ziel ‚ambulant vor stationär‘ nicht erreichen können“, sagte sie.
Für Nordrhein-Westfalen habe sie die Hoffnung, dass sich die Verhandlungspartner nach den öffentlichen Diskussionen jetzt schnell auf eine von allen Seiten als wirklich angemessen empfundene Vergütung für ambulante Leistungen verständigen. „Eigentlich haben wir zwischen den Akteurinnen und Akteuren in Nordrhein-Westfalen ein sehr konstruktives Klima. Da muss – gerade im Sinne der Pflegebedürftigen – durch Gespräche auf Augenhöhe jetzt schnell eine Lösung gefunden werden“, appelliert die Ministerin. Der Schlüssel zur Vereinbarung gerechter Vergütungssätze liege dabei in einer insgesamt größeren Transparenz über die Kosten und die Leistungsstruktur. Hieran hätten auch die Pflegebedürftigen ein hohes Interesse, die bisher sowohl im ambulanten wie auch im stationären Bereich praktisch nicht erkennen können, woraus sich die Kostensätze genau zusammensetzen.
Steffens, die mit ihrem Ministerium nach den gesetzlichen Regelungen auf die Vergütungsverhandlungen selbst keinen Einfluss nehmen kann und darf, setzt weiterhin auf die Vereinbarung landesweit gültiger Rahmenbedingungen. „Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist ein Preiskampf zwischen verschiedenen Diensten um die preisgünstigste Pflege. Denn ein solcher Kampf würde nur auf dem Rücken der Beschäftigten, der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ausgetragen. In Nordrhein-Westfalen muss es uns aber weiter und möglichst noch mehr als bisher gelingen, durch leistungsgerechte Bezahlung den Beschäftigten eine ‚gute Arbeit‘ und den Pflegebedürftigen eine menschliche Pflege ohne Stoppuhr zu sichern."
Gerade im ambulanten Bereich würden engagierte Pflegekräfte und kompetente Pflegedienste benötigt. „Nur mit Hilfe der ambulanten Dienste wird es möglich sein, im Alter so lange wie möglich zu Hause leben zu können“, sagte Steffens. Ohne leistungsfähige ambulante Strukturen wäre ein massiverer Ausbau kosten- und personalintensiverer stationärer Angebote erforderlich. Das entspräche aber nicht den Wünschen der Menschen und wäre angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Belastung der Sozialversicherung für die Gesellschaft nicht leistbar. Steffens: „Kurz gesagt: Ohne ambulante Dienste fährt unser Pflegesystem vor die Wand!“