„Mehr bezahlbare Wohnungen sind möglich!“

Wohnungsbauer mit Felix Heinrichs im Gespräch: Dipl.-Kfm. Thomas Körfges ist Vorstand der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft von 1897 eG (GeWoGe 1897) und vertritt die Interessen von mehr als 1.600 Mitgliedern in 1.122 Wohnungen. Gemeinsam mit seinem Team stellt er unter Beweis, dass nachhaltiges und günstiges Wohnen in Mönchengladbach möglich ist.

Herr Körfges, viele können sich nichts unter einer Wohnungsbaugenossenschaft vorstellen. Was macht dieses Modell aus?

Zunächst einmal sind wir ein Wohnungsunternehmen wie jedes andere. Das Besondere ist, dass man bei uns Mitglied der Genossenschaft werden muss, um eine Wohnung anmieten zu können. Drei Genossenschaftsanteile zu 300,- € sind zu zeichnen. Statt eines Mietvertrages schließt man mit uns einen Dauernutzungsvertrag. Uns geht es um dauerhafte Mietverhältnisse. Die Fluktuation ist gering. So können wir es schaffen, dass unsere Durchschnittsmiete sechs Euro beträgt, obwohl wir sehr viele Neubauten haben. Wir wollen jede Nachfrage bedienen.

Was schätzen Ihre Mitglieder am Modell der Genossenschaft?

Mir ist wichtig, dass wir die Mieter*innen als Mitglieder betrachten. Deswegen legt das ganze Team extrem viel Wert auf einen guten Service. Das bekommen wir auch immer wieder bestätigt. Im Gegenzug haben wir auch wirklich tolle Mieter*innen und nur geringe Mietausfälle.

Als Genossenschaft ist uns eine gute Nachbarschaft wichtig. In der Klimaschutzsiedlung am Steinberg beispielsweise haben die Mieter*innen einen guten Kontakt zueinander und vernetzen sich untereinander. So entstehen soziale Bindungen in den Quartieren und keine toten Wohnstädte.

Bezahlbares, nachhaltiges und modernes Wohnen ist eines der Megathemen für alle Großstädte. Wie schätzen Sie die Lage auf dem Mönchengladbacher Wohnungsmarkt ein?

Wenn man durch die Stadt fährt und auch den Wohnungsmarktbericht liest, sieht man, dass ein Großteil der Mönchengladbacher Wohnungen alt ist. Deswegen setzten wir auf die Erneuerung des Bestandes. Hier müssen wir sehr mit den Preisen aufpassen. Sanierung oder Abriss und Neubau sind manchmal unwirtschaftlicher als ein Neubau auf grüner Wiese. Trotzdem setzen wir auf vorhandene Siedlungsstrukturen und sind auch bereit, manchmal mehr Aufwand zu betreiben.

Bezahlbares Wohnen muss nicht unbedingt gefördertes Wohnen sein. Für die GeWoGe 1897 ist der soziale Gesichtspunkt wichtig. Da es zurzeit günstige Kredite gibt, nehmen wir die Mittel für den öffentlich geförderten Wohnungsbau zurzeit nicht in Anspruch. Wir bieten allerdings eine große Stabilität. Die Mieten werden nur selten und dann behutsam erhöht, weil wir keinen privaten Investoren Gewinne ausschütten müssen. Bei uns bleibt jeder Cent in der Genossenschaft und wird reinvestiert.

Soziale Verantwortung zeigt sich für uns dann auch in einer Situation, in der wir Mitglieder halten wollen. Wenn wir alte Häuser abbrechen müssen, steigen die Mieten in den Neubauten in der Regel an. Wir suchen dann mit den bisherigen Mieter*innen Lösungen, damit sie auch weiterhin – möglichst im selben Quartier – günstig wohnen können.

Worauf kommt es denn heute beim Wohnungsbau an?

Entscheidende Kriterien im Wohnungsbau sind heute neben dem Preis vor allem moderne Grundrisse und Barrierefreiheit. Interessant ist nach wie vor, dass viele ältere Menschen aus ihrem Einfamilienhaus ausziehen und komfortablere Wohnungen wünschen.

Mobilität spielt eine große Rolle. Parkplätze und Tiefgaragen sind Preistreiber und die neue Stellplatzverordnung kommt uns nicht wirklich entgegen. Wir beschäftigten uns intensiv mit neuen Mobilitätskonzepten. Neben guten Busanbindungen sind Sharing-Stationen für Fahrräder und PKW ein Beitrag zur Reduzierung des privaten Autoverkehrs. Allerdings fürchte ich, dass es noch keine breite Akzeptanz für alternative Mobilitätsformen gibt. Da müssen auch die Menschen offener werden und umsteigen wollen.

Die Klimaschutzsiedlung am Steinberg ist ein Vorzeigeobjekt. Was ist die Idee dahinter?

2010 sind wir auf das Grundstück gestoßen und dann auf die Idee gekommen, in Mönchengladbach eine Klimaschutzsiedlung zu bauen. Schon bei der Erarbeitung des Bebauungsplanes haben wir alles darauf ausgerichtet. Das war auch für uns Neuland. Wir setzen bei den 81 Wohnungen auf nachhaltige Energieerzeugung und energieeffizientes Bauen durch besondere Dämmungen. Gründächer schaffen Lebensraum für Insekten. Aber auch hier merken wir, wie schnell der Klimawandel voranschreitet. Die Hitze in der Stadt nimmt zu und das hat auch Einfluss auf Bäume, Sträucher und Rasenflächen.

An vielen Orten wird in Mönchengladbach entwickelt, geplant und gebaut. Wird das genossenschaftliche Wohnbaumodell ausreichend berücksichtigt?

Nein. Wir sind die einzige Wohnungsbaugenossenschaft in Mönchengladbach und ich sehe deutliches Potential nach oben. Die Stadt muss kleinere Gebiete schneiden, damit wir das auch stemmen können. Wir wollen auch nicht zu dicht bauen, damit in den Quartieren auch noch Leben stattfinden kann und man sich nicht gegenseitig auf den Frühstückstisch schaut. Uns ist wichtig, dass wir auch attraktive Grünflächen zwischen den Häusern schaffen und nicht alles zubetonieren. Der Grundstückspreis darf nicht alleine entscheidend sein. Die Stadt darf nicht nur an große Investoren denken, sondern muss für ein vielfältiges Wohnen sorgen.

Welche Unterstützung erwarten Sie von der SPD und Felix Heinrichs?

Wir benötigen neue Flächen, um mit einem attraktiven, nachhaltigen und langfristigen Wohnungsmodell mehr Menschen ein Zuhause zu geben. Wir haben bewiesen, dass wir auch aus schwierigen Gewerbeflächen neue und funktionierende Quartiere machen können. Grundsätzlich müssen die Prozesse bei der Stadt schneller werden, um zeitnah Baurecht zu bekommen und tatsächlich auch bauen zu können.

Was Felix Heinrichs und die SPD für den Wohnungsbau erreichen wollen:

  • Wohnungen für alle Bedarfe und Zielgruppen schaffen, denn jedes Jahr fehlen 500 neue, dauerhaft bezahlbare Wohnungen
  • Stärkung der städtischen Wohnungsunternehmen GWSG und Kreisbau unter einem Dach, um mehr bezahlbaren Wohnraum selbst schaffen zu können
  • Berücksichtigung von gefördertem und preisreduzierten Wohnungen bei jedem Bauprojekt, für das neues Baurecht geschaffen wird
  • Nachhaltiges und klimaneutrales Bauen in der Stadt fördern und mit stadtökologischen Maßnahmen wie Gründächern, Gemeinschaftsgärten und nachhaltigen Mobilitätskonzepten verbinden
  • Bauen auch für den Mittelstand, also Facharbeiter*innen, Polizist*innen oder Pfleger*innen bezahlbar machen, damit sich möglichst viele Menschen ein Eigenheim leisten können durch Mietkauf- oder Genossenschaftsmodelle
  • Nicht der höchste Preis darf über die Grundstücksvergabe entscheiden, sondern das Konzept
  • Vergabe städtischer Grundstücke durch Erbbaurecht
  • Bessere Beratung von Bauherren und Eigentümer*innen bei der Förderung von bezahlbarem Wohnraum und Modernisierung im Bestand
  • Kampf gegen Leerstand: nachhaltige und kreative Umgestaltung von Leerstand in den Innenstädten und Außenbezirken
  • Hilfe für obdachlose Menschen nach dem Prinzip „Housing first“    
  • Mönchengladbach eine Stadt der zweiten und dritten Chance: durch Bildung, Arbeit, gezielte Förderung und Verständnis für die schwierige Lage

Dieser Artikel erschien in unserer Zeitung „Kranich“ – Ausgabe August 2020.

Hier gibt es die gesamte Ausgabe der Zeitung als PDF-Dokument zum Herunterladen…